Einheit in der Vielfalt


O grosser Geist, dessen Stimme ich in den Winden vernehme
und dessen Atem der ganzen Welt Leben spendet, höre mich.
Ich trete vor Dich hin als eines Deiner vielen Kinder.
Ich bin klein und schwach. Ich bedarf Deiner Kraft und Weisheit.
Schenke mir Weisheit, damit ich die Dinge, die Du mein Volk gelehrt hast,
und die Lehre, die Du in jedem Blatt und jedem Felsen
verborgen hast, erkennen möge.
Nicht um meinen Brüdern überlegen zu sein, suche ich Kraft,
sondern um meinen grössten Feind bekämpfen zu können - mich selbst.
Mache mich immer bereit, mit reinen Händen und geradem Blick zu Dir zu kommen,
damit mein Geist, wenn dereinst mein Leben verblasst wie die untergehende Sonne,
ohne Scham zu Dir kommen möge.


Anrufung der Sioux-Indianer





Dem Auge des Sehenden ist jedes Blatt eines Baumes
eine Seite des heiligen Buches, der göttlichen Offenbarung.
Hinter dieser Welt der vielfältigen Namen und Gestalten
gibt es ein Leben, gibt es einen Geist.
Dieser Geist, der die Seele aller Wesen ist,
wird von der Einigkeit angezogen,
und die Abwesenheit dieses Geistes macht die Welt unglücklich.


Hazrat Inayat Khan

 



Die Geschichte eines Bauernjungen

Der Junge eines Bauern, der für das Vieh seines Vaters im Dschungel sorgte, hatte in seinem Dorf einen Religionslehrer gehört. Dieser Lehrer gab Unterweisungen über Gott und verherrlichte den Namen Gottes. Der Jugendliche war davon so beeindruckt, daß er, als er das nächstes Mal in den Dschungel ging, jene angeborene Neigung erlebte, jemanden anzubeten.

Und so begann er laut im Dschungel zu sprechen: 'Oh, Gott, ich habe so viel von Dir gehört; Du bist so gut und freundlich, und ich spüre, wenn Du hier bei mir wärst, würde ich mehr noch für Dich sorgen als für alle meine Schafes, mehr noch als für all meinen Geflügel. Im Regen würde ich Dich unter dem Dach meines Grasschuppens behalten; wenn es kalt wäre, würde ich Dich in meine Decke einhüllen und in der Sonnenglut würde ich Dir ein Bad bereiten. Ich würde Dich schlafenlegen mit Deinem Kopf auf meinem Schoß, und ich würde Dir Luft zufächeln mit meinem Hut, und ich würde immer über Dich wachen und Dich vor den Wölfen beschützen. Ich würde Dir Manna-Brot zu essen und Buttermilch zu trinken geben; und um Dich zu unterhalten, würde ich singen und tanzen und auf meiner Flöte spielen. Oh Gott, komm und sieh, wie ich mich um Dich kümmern würde."

Da kam Mose, der Bote Gottes, vorbei, hörte alles, was der Junge sagte, und antwortete: "Oh Junge, wie töricht ist dieses Gespräch! Gott, der Unbekannte und Unsichtbare, der in den Himmeln wohnt, der eine, bei dem es keine Macht gibt, keine Stärke, die vor Ihm bestehen kann. Er ist allmächtig, alle Kraft und Stärke sind Sein. Er ist jenseits von Form und Name und Farbe; Er ist jenseits von menschlicher Wahrnehmung, Vorstellung und Verstehens." Der Junge war entmutigt und deprimiert und erschrocken über das, was er getan hatte.

Doch die nächste Mitteilung Gottes an Mose war: "Wir sind wirklich sehr ungehalten über dich, weil du einen Verehrer, der Uns nicht besser kennt, entfremdet hast. Wenn er Uns nicht in der gleichen Art kennt, wie du es tust, kannte er Uns doch wenigstens so weit wie sein Gemüt und Verstand es begreifen kann. Alle unsere Verehrer stellen sich Uns in verschiedenen Formen und entsprechend der verschiedenen Qualitäten der Liebe vor, und Wir empfangen ihre Liebe, in welcher Form oder welchem Gewand sie auch immer an Uns gerichtet ist. Sie sind alle Unsere Geschöpfe und Wir empfangen sie sogar dann, wenn sie die Sonne verehren. Wir haben dich gesandt, damit du Unsere Kinder mit Uns vereinst und nicht, damit du sie von Uns trennst."

Wie würden wir zögern unsere 'Weisheit' in die Welt zu setzen, wenn wir nur erkennen würden, dass der erste Schritt der Annäherung an Gott aufrichtige und ernsthafte Liebe zu Ihm ist! Wir sollten niemals jemanden einen Barbaren oder Heiden nennen. Wir sollten niemals jemanden in dieser Welt als unwürdig betrachten. Wir wissen nicht um die Ernsthaftigkeit im Herzen eines Menschen – und das ist es, was wirklich zählt.

Dann erwachen wir zu der Religion der Natur, die die einzige Religion ist.
Und je mehr wir sie verstehen, desto größer wird unser Leben
und desto segensreicher wird unser Leben für andere sein.


Hazrat Inayat Khan, 'In einem östlichen Rosengarten - Naturreligion -'

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Der erste Teil des Textes
'The Message Volume 7: Nature's Religion' von Hazrat Inayat Khan
kann hier in der deutschen Übersetzung als rtf.-Datei heruntergeladen werden.


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